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Quatember I: Missa Aurea

Mittwoch, Freitag und Samstag dieser Woche sind die Quatembertage des Advent. Viermal im Jahr (quattuor tempora) ruft die Kirche zum Beginn einer neuen Jahreszeit die Gläubigen zu Gebet, Buße und guten Werken auf, um für die Gnaden der vergangenen Monate zu danken und sich auf die kommende Zeit einzustimmen. Die Einrichtung der Quatembertage wird im Liber Pontificalis, das auf das 4. Jahrhundert zurückgeht, dem Papst Callistus (217-222) zugeschrieben; Papst Leo der Große (440 – 461), von dem mehrere Quatemberpredigten erhalten sind, führt ihren Ursprung direkt auf die Apostel zurück. Das ist insoweit durchaus plausibel, als es bereits in vorchristlicher römischer Tradition vergleichbare „Markierungstage“ für den Übergang zwischen den Jahreszeiten gab. Es ist ein aus den vorindustriellen Epochen vielen Kulturen bezeugtes allgemein menschliches Bedürfnis, die Abfolge der Jahreszeiten durch den öffentlichen Kultus zu akzentuieren und bewußt zu machen.

Da drei dieser Quatemberwochen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu den größten Festen der Kirche (Weihnachten, Ostervorbereitung, Pfingsten) stehen, haben sie den ursprünglich wohl deutlicheren Zusammenhang mit dem Jahreslauf weitgehend verloren, nur im Herbst hat sich der Charakter des Erntedanks stärker gehalten.

Entgegen einer oft vertretenen Ansicht hat die Kirche die Quatembertage nicht rundum abgeschafft. Sie wurden zwar mit Papst Paul VI. Dekret Paenitemini von 1966 aus dem Verzeichnis der Fast- und Bußtage gestrichen, ihre Liturgien blieben jedoch zunächst erhalten. Mit dem Neuen Messbuch sind sie dann liturgisch praktisch verschwunden. Die Kompetenz für die als blasse Erinnerung erhaltenen Quatembertage wurde den nationalen Bischofskonferenzen übertragen; die „Grundordnung des Kirchenjahres“ führt dazu in Abschnitt VII. aus:

45. An den Bitt- und Quatembertagen betet die Kirche für mannigfache menschliche Anliegen, besonders für die Früchte der Erde und für das menschliche Schaffen; auch eignen sich die Tage für den öffentlichen Dank.

46. Damit die Bitt- und Quatembertage den unterschiedlichen örtlichen und menschlichen Gegebenheiten auch tatsächlich entsprechen, sollen die Bischofskonferenzen Termine und Arten der Feier angeben. Demnach sollen die zuständigen Autoritäten unter Berücksichtigung der jeweiligen Verhältnisse bestimmen, ob ein Tag oder mehrere und wie oft sie im Jahr gehalten werden.

47. Die liturgische Ordnung für die Meßfeier an solchen Tagen möge entsprechend dem jeweiligen Anliegen den Messen für besondere Anliegen entnommen werden.“

In nicht wenigen deutschen Gemeinden werden die Quatembertage auf Grund des besonderen Einsatzes ihrer Pfarrer oder auch durch Engagement aus der Gemeinde noch in diesem Sinne bewahrt; im institutionellen Auftreten der Kirche und im öffentlichen Bewußtsein der Gesellschaft spielen sie keine Rolle mehr. Was „fakultativ“ gestellt und damit als entbehrlich gekennzeichnet wird, überlebt, wenn überhaupt, nur noch als Folklore.

Wie bereits angedeutet, haben die Quatembertage in der Tradition stets dazu tendiert, die Farbe ihres feiertäglichen Umfeldes anzunehmen. Für den Quatembermittwoch im Advent, zum Abschluss der Oktav nach dem Hochfest von Mariä unbefleckter Empfängnis, bedeutete das eine weitgehende Umformung in ein Marienfest. Die Grundstruktur des Messformulars ähnelt der Rorate-Messe – also der Marienmesse an den Samstagen des Advents. Als Besonderheit für den überlieferten Ritus gibt es an diesem Tag zwei Lesungen. Zur 2. Lesung wird die vom Fest Mariä Verkündigung genommen, ebenso dann das Evangelium von diesem Festtag. Römische Stationskirche war Maria Maggiore – damit wurde der Quattembermittwoch im Advent auf eine Stufe mit den großen Marienfesten gestellt. Sein Charakters als Fast- und Bußtag blieb allerdings weiterhin gewahrt.

Dementsprechend war dieser Mittwoch auch kein weltlicher Feiertag – die Gläubigen besuchten daher vor Beginn ihres Arbeitstage eine frühe Messe, die dann an vielen Kirchen wegen der frühen Stunde im Licht vieler Kerzen und mit besonderem Gepränge gefeiert wurde. Zusammen mit der Tatsache, daß die Seite des Evangeliars mit dem Verkündigungsevangelium oft mit prachtvollen goldenen Initialen geschmückt war, trug das der Frühmesse dieses Tages die Bezeichnung „Missa Aurea“ ein. Dom Mark Kirby vom Priorat Silverstream macht darauf aufmerksam, daß in manchen Klöstern das Evangelium dieses Tages nach der Melodie des Pfingst-Evangeliums gesungen wird: „Die Verkündigung ist ein Vor-Pfingsten. Die jungfräuliche Mutter, überschattet vom Heiligen Geist, ist das lebendige Bild der Kirche, die an Pfingsten vom Heiligen Geist überschattet wird.“

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