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Ein Papstamt in zwei Formen?

Vom großen Strategen der Befreiung Frankreichs im 2. Weltkrieg, General Charles De Gaulle, ist aus der näheren Nachlkriegszeit der Satz überliefert: „Natürlich liebe ich Deutschland. Ich liebe es so sehr, daß ich gar nicht viele genug davon haben kann“.

Wer weiß, vielleicht geht es einigen Leuten mit dem Papst ähnlich. Zwei Päpste sind besser als einer, drei Päpste besser als zwei...

Die Ausführungen Ende Mai von Erzbischof Gänswein zum einen Papstamt in zwei Ausprägungen passt jedenfalls gut zum einen römischen Ritus in zwei Formen - eine davon römisch, die andere dezidiert nicht-römisch. Und sie passt auch in ein Pontifikat, bei dem man sich immer öfter bei Nachrichten aus Rom fragt: Und was meint er denn damit schon wieder? Aber wie passt sie zu Gänswein und Benedikt?

Die Frage muß als derzeit unbeantwortbar gelten. Sehr schön illustriert wird das durch die gänzlich unterschiedliche Behandlung des Kasus bei zwei hier gleicherweise hochgeschätzten britischen Bloggerpriestern, Fr. Hunwicke vom Ordinariat Unserer Lieben Frau und Fr. Ray Blake, Pfarrer von Brighton.

Pfarrer Blake sieht in der Äußerung des Erzbischofs einerseits einen Versuch, auf tatsächlich feststellbare Veränderungen im Begriff des Papstamtes zu reagieren, die seit dem Anbruch des Zeitalters der Massenkommunikation eingetreten seien. Die Abdankung Benedikts habe das unübersehbar gemacht:

Sein Rücktritt hat das Papsttum stärker verändert als alles andere... Er hat das Papsttum entmystifiziert. Er hat die Vorstellung abgetan, daß der Papst auf irgend eine Weise eher eine geheiligte Person als ein menschliches Wesen wäre, der – glanzvoll oder nicht – eine geheiligte Rolle ausfülle.“

Dem kann man folgen. Schwieriger wird das bei den anschließenden Ausführunge. Darin wertet er den Auftritt des Erzbischofs als eine Art „Lebenszeichen“ des emeritierten Papstes, mit dem er Franziskus und seine Entourage darauf hinweisen wolle, daß dieser – zumindest für die Lebenszeit Benedikts – dessen Erbe gefälligst nicht anzutasten habe:

In der Vergangenheit war es so, daß sobald ein Papst glücklich begraben war, sein Nachfolger mit seinem Erbe verfahren konnte, wie er wollte. Das kann Franziskus nicht. Benedikt wäre immer noch die Lage, laut seine Stimme aus dem Kloster zu erheben.

Das stimmt freilich nur zum Teil. Wie sehr die Päpste das weltliche Erbe ihrer Vorgänger nach eigenem Gusto veränderten, kann man gut am Bau der Peterskirche beobachten, deren Pläne von Papst Nikolaus V. zum höheren Ruhm seines Pontifikatsx und seiner Familie angelegt worden waren – und die dann Nachfolger Julius II. rücksichtslos umstürzte, um seinen und seiner Familie Nachruhm zu verkünden. Aber keinem von beiden wäre es eingefallen, ähnlich rücksichtslos mit der Lehre ihrer Vorgänger und den geheiligten Traditionen der Kirche umzugehen. Darauf scheint man sich heute nicht mehr verlassen zu können, jedenfalls sieht Fr. Blake die Überlegungen Gänsweins auch als einen Versuch an, dem Papstamt neuere und gleichzeitig verläßlichere Grundlagen und Formen zu geben als die, dies sich – seiner Meinung nach – für die gegenwärtige Periode allgemeiner Veränderung nicht bewährt haben.

Von alledem will Fr. Hunwicke nun ganz und gar nichts wissen. In seinem kurzen, aber sehr entschiedenen, Zwischenruf – vielleicht kommt da noch mehr – verteidigt er den in jedem Sinne des Wortes monarchischen Charakter des Papstamtes und stöhnt: Es schwirrt gegenwärtig genug schon genug lehrmäßige Unordnung in der Gegend herum – da brauchen wir nicht auch noch „Traditionalisten“ mit neuen eigenen Irrlehren. In der Sache verweist er auf den Umstand, daß es sich beim Papstamt um ein Amt handel und nicht um eine Art Weihe, die dem Individuum einen unauslöschlichen Charakter einprägt wie die Priesterweihe – womit er einerseits ganz nahe Bei Fr. Blake ist, andererseits aber zu einem anderen Ergebnis kommt. Sein emphatischer Schluss:

Wenn jemand zum Papst gewählt wird, bedeutet das nicht, daß man auf irgendeine geheimnisvolle Weise dann in alle Ewigkeit Papst ist. Mit dem Tod oder der Abdankung erlischt das Papstamt. Joseph Ratzinger ist nicht Papst, er ist auch nicht ein Papst oder zur Hälfte Papst – wie man es auch dreht und wendet.

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