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Paramente der Buß- und Fastenzeit

Während die überlieferte römische Liturgie in den Lesungen beim Übergang vom alten zum neuen Kirchenjahr eher die Kontinuität betont, hat sie - zumindest in der Vergangenheit - andere Mittel genutzt, um den besonderen Charakter des Advent, der immer auch eine Buß- und Fastenzeit war, hervorzuheben. Neben dem Fastengebot waren das insbesondere bestimmte „Äußerlichkeiten“ in der Liturgie, die demgemäß von den Reformern des letzten Jahrhunderts auch samt und sonders aufgegeben worden sind.

Rupert von Deutz († 1129) widmet diesen Besonderheiten in seinem Buch vom Gottesdienst ein eigenes Kapitel (3,2) mit der Überschrift „Warum in der Zeit des Advents der Diakon und der Subdiakon nicht die gewohnten heiligen Gewänder tragen“. Dabei beschreibt er eine Praxis, die damals bereits auf eine mehrhundertjähige Tradition zurückging, wie Shawn Tribe 2009 in New Liturgical Movement ausführlich dargelegt hat. Wir zitieren Rupert nach der deutschen Übersetzung des Liber de divinis officiis in den Fontes Christiani, Bd II, S. 371.

Von jetzt an bis zur heiligen Nacht der Geburt des Herrn zeigen sich der Diakon und der Subdiakon in weniger festlichen Gewändern. Denn weder legt der Diakon die Dalmatika noch der Subdiakon die Tunika an. Der Subdiakon stellt gleichsam das Gesetz dar, dem vor der Menschwerdung des Herrn der Schmuck des Evangeliums noch fehlte, der Diakon gleichsam das Evangelium selbst“, dessen Glanz in seiner ganzen Fülle vor dem Offenbarwerden der Geheimnisse der Geburt, des Leidens, der Auferstehung und der Himmelfahrt des Herrn noch nicht hatte erscheinen können.

Denn nicht deren Gegenwart, sondern deren Erwartung stellt diese Zeit zeichenhaft dar, weswegen sie auch, wie gesagt worden ist, Zeit der Ankunft des Herrn genannt wird. Unterdessen aber tragen der Diakon und der Subdiakon die Kasel, die das Gewand des Priesters ist, wie wir gesagt haben, als wir über dessen Kleidung sprachen.“ Dies darf niemanden beunruhigen. Sie tragen nämlich die Kasel nicht in der Weise, daß sie in ihr die Epistel und das Evangelium vortragen oder ministrieren, sondern legen sie ab, wenn sie vortragen oder ministrieren müssen. Damit geben sie deutlich zu verstehen, daß die Kasel nicht ihr Gewand ist und sie es wegen ihres Weihegrades auch nicht als das ihnen zustehende, sondern aus Ehrfurcht vor dem Sonntag oder einem Fest als das für sie angemessene betrachten, um sich über die als dürftig und unschicklich empfundene Entbehrung (sc. der Dalmatika und der Tunika) zu trösten.

Aus demselben Grund wird dann „Ehre sei Gott in der Höhe“ nicht gesungen und wird „Geht, es ist Entlassung“ unterlassen, weil nämlich der Advent, wie gesagt worden ist, zeichenhaft jene Zeit vergegenwärtigt, in der bis dahin die Freude des Friedens erwartet wurde, sowie jene, auf die wir jetzt noch mit banger Sorge harren, - die Vollendung unseres Heils.“

Im Lauf der späteren Entwicklung wurde dann die von Diakon und Subdiakon getragene Casel zur weiteren Verdeutlichung des in der Tat nicht auf den ersten Blick einleuchtenden Zeichens verkürzt bzw. auf eine zu einer breiten Stola gerafften Version reduziert - als planeta plicata und stola latior war ihr Gebrauch an Tagen mit Bußcharakter so bis ins vergangene Jahrhundert üblich.

Es leuchtet ein, daß derlei Symbolik dem „Menschen der Gegenwart“ ganz und gar unzugänglich bleiben muß. Ihre Verwendung im Rahmen des Gottesdienstes am Karfreitag (an diesem Tag in Schwarz) wurde daher bereits 1955 im Zuge der Reform des Triduums abgeschafft; die endgültige Aufgabe auch für die anderen Buß- und Fastentage (in violett) erfolgte 1960 mit der Neufassung der Rubriken unter Papst Johannes XXIII.

Von seltensten Ausnahmen abgesehen kann man sie heute daher nur noch in sedisvakantistischen Kapellen im Einsatz sehen - oder bei liturgisch der Tradition verpflichteten Anglikanern, bei denen man freilich nicht ausschließen kann, in der Rolle des Zelebranten eine Dame vorzufinden.

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