Fest des Erzengels Michael
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- 29. September 2018
Der 29. September ist seit alters her Festtag des hl. Erzengels Michael, der an diesem Tag im Jahre 493 den Bewohnern von Siponto erschienen sein soll. Im Jahr 2015 zitierte Summorum Pontificum zu diesem Tage aus einer Predigt des hl. Papstes Gregor über die Engel - einer eher nüchternen systematischen Ausführung. Im darauffolgenden Jahr dann quasi als Gegengewicht im Rahmen katholischer Spannweite eine Passage über die Vertreibung der aufständischen Engel aus der Gegenwart des Herrn im Großen Leben Jesu des Kapuziners Martin von Cochem, das in Wirklichkeit eine Universalgeschichte der Welt aus der frommen Perspektive der Barockzeit darstellt.
Die erzählerische Einkleidung der Geschichte beim frommen Bruder Martin entspricht ganz und gar seiner Zeit – die Geschichte selbst hat er jedoch in gar keiner Weise selbst erfunden, sondern aus dem seit über 2000 Jahren überlieferten Glauben der Kirche und Israels geschöpft. Eigentliche Quellen sind nicht-kanonische Bücher aus dem Umkreis des alten Testamentes wie das Buch Enoch oder das Buch der Jubiläen, die den frühen Christen gut bekannt waren und von ihnen oft höher geschätzt wurden als von den Juden zumindest der rabbinischen Schulen. Wie sehr geschätzt sieht man unter anderem daran, daß die Geheime Offenbarung des Johannes in vielem der Darstellung dieser beiden Schriften verpflichtet ist.
Vor der autoritativen Festlegung eines Kanons der Bücher des alten Testaments – der bekanntlich von Juden und Christen, Protestanten und Katholiken unterschiedlich definiert wird – gehörten beide Bücher für viele frühe Lehrer des Glaubens fraglos zur Heiligen Schrift. Heute gelten sie nur noch in der koptisch-orthodoxen Kirche Äthiopens als kanonisch – und darüber gönnerhaft zu lächeln vergeht einem spätestens beim Gedanken an die 21 Märtyrer von Sirte, deren Glaube in diesem Kanon verwurzelt war.
Ein Gesamtbild des Erzengels aus den kanonischen wie den nichtkanonischen Schriften der Bibel zeichnet die englische Alttestament-Forscherin Margaret Barker:
Michael („Wer ist wie Gott?“ ist der Herrscher unter den Erzengeln. Er verhinderte, daß die gefallenen Engel den Heiligen Namen erfuhren, der ihnen Macht über die Schöpfung verliehen hätte. In den hebräischen Schriften wird der Engel, der Israel führt, manchmal Michael genannt, manchmal auch der Herr (5. Moses 32,8) er ist der Große Fürst, verantwortlich für den Himmel (3 Henoch 17), und häufig wird er dargestellt, wie er mit einem grünen Palmzweig in der Linken und einem Speer in der rechten Hand den Teufel niedertritt. Als mächtiger Krieger, der seine Feinde besiegt, ist er ein Aspekt des Herrn. „Wer ist wie Du, unter den Göttern o Herr? Wer ist wie Du, gewaltig und heilig, gepriesen als Furchtbar. Wundervollbringend?“ Und :“Die Himmel preisen, Herr Deine Wunder und die Gemeinde der Heiligen Deine Treue. Denn wer über den Wolken ist wie der Herr, wer von den Göttern ist dem Herrn gleich? (2. Moses 15.11).
In der Offenbarung des Johannes bekämpfen Michael und seine Engel „die alte Schlange, die Satan oder der Teufel heißt“, später wird jedoch derjenige, der gegen den Teufel kämpft, Herr genannt (Apoc 12, 19, 20).
Michael ist Krieger und Priester, der das Böse bekämpft und die Betenden und die Seelen der Gerechten zum Himmel führt. Als sich der Satan weigert, Adam zu verehren, vertreibt Michael ihn aus dem Himmel. Und Gott schickt ihn zu Semjasa, dem obersten der Gefallenen Engel, um ihn zu fesseln. Michael bringt Salomo einen magischen Ring zur Abwehr von Dämonen, so daß sie den Bau des Tempels nicht verhindern können (Testament Salomos). Die zahlreichen nach ihm benannten Berge zeigen, wo er und seine Engel über das alte Übel siegten, und in der westlichen Kirche wurde er zum Schutzpatron der Soldaten.
In der späteren jüdischen Überlieferung war Michael der Hohepriester am Altar des Himmels. Er besaß den Schlüssel zum Himmelreich und brachte in einem großen Gefäß die Gebet der Gerechten zu Gott. Bei seiner Rückkehr übergarb er ihnen das Öl des Erbarmens (3. Baruch 11). Als jedoch Adam um dieses Öl bat, erwiderte Michael, es sei den Heiligen der letzten Tage vorbehalten (Apokalypse Moses 13). Daher wurde es Brauch, daß christliche Pilger kleine Fläschchen mit „Öl vom Baum des Lebens“ aus Jerusalem mit nach Hause nahmen. Und auch bei dem Engel und Hohepriester, der in der Himmelsversion des Heiligen Johannes Räucherwerk verbrennt, könnte es sich um Michael oder den Herrn handeln (Apoc 8).
Soweit Margaret Barker. Einiges davon klingt fremd und phantastisch – anderes ist uns wohl vertraut.
In der von Barker zuletzt angeführten Rolle des Hohepriesters am Räucheraltar erscheint Michael in der überlieferten Liturgie in den Gebeten zur Inzensierung der bereiteten Opfergaben und dann noch einmal im „Supplices te rogamus“, wenn es heißt „Demütig bitten wir Dich, allmächtiger Gott, Dein hl. Engel möge dieses Opfer zu Deinem himmlischen Altar emportragen...“ An dieser Stelle widerspiegelt sich auch die bemerkenswerte Unsicherheit der Unterscheidung zwischen dem Obersten der Engel und dem Herrn selbst: Viele Erklärer halten den im Supplices angesprochenen Engel für den Opferengel aus der Apokalypse, der gemeinhin mit Michael gleichgesetzt wird. Nach Ansicht des hl. Thomas v. Aquin ist damit jedoch der Mittler Christus selbst gemeint.
Solche Unsicherheiten wurden von Schwarmgeistern gelegentlich genutzt, eigene phantastische Vorstellungen zu verbreiten. Manches in den apokryphen Schriften mag von dieser Tendenz geprägt sein, ebenso auch einige frühchristliche Erzählungen. Das Konzil von Laodicea im 4. Jahrhundert sah sich aufgerufen, eine offenbar eingerissene „Anbetung“ von Engeln ausdrücklich zu verbieten. Im 8. Jahrhundert regulierte das Laterankonzil noch einnmal die Verehrung der Engel, nachdem sich örtlich magische Kulte um diese Mittler zwischen der göttlichen Ewigkeit und der irdischen Welt entwickelt hatten. Seitdem kennt die strenggläubige Theologie nur noch drei Erzengel namentlich: Michael, Gabriel und Raphael – die anderen sind einerseits Gegenstand der Erforschung der Literatur des späten Juden- und des frühen Christentums und andererseits vielfältiger spirituell-spiritistischer Spinnerein. Oder fast noch schlimmer: Der Verniedlichung als putzige Figürchen aus umweltfreundlichen Materialien oder als bonbonfarbige Postkartenbilder.
Im Credo bekennt die Kirche ihren Glauben an Gott als den Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt – also jener von den Engeln bewohnten Sphäre, in die die Propheten des alten Bundes und der hl. Johannes der Apokalypse einen Blickt tun durften und wo weit und breit weder putziges noch umwelbewußtes zu sehen war. Die Litanei zu allen Heiligen bittet nach der Anrufung des Heiligen Michael noch einmal die Gesamtheit aller Engel um ihre Fürbitte. Der Katechimsus der Katholischen Kirche 1993 stellt in Abschnitt 328 in klaren Worten fest: Daß es geistige, körperlosen Wesen gibt, die von der Heiligen Schrift für gewöhnlich ‚Engel‘ genannt werden, ist eine Glaubenswahrheit. Und führt in 332 weiter aus: Sie sind da seit der Welterschaffung und im Laufe der ganzen Heilsgeschichte; sie künden von ferne oder nahe das Heil an und dienen dem göttlichen Plan, es zu verwirklichen“.
Seinen stärksten Ausdruck findet das Wissen von der Existenz dieser heiligen Geister, ihrer Stellung im Heilsgeschehen und ihrer Zuordnung auf Christus, den Erschaffer und Erlöser, jedoch in den Präfationen der lateinischen Liturgie:
Durch Ihn loben die Engel Deine Majestät, die Herrschaften beten sie an, die Mächte verehren sie zitternd. Die Himmel und die himmlischen Kräfte und die seligen Seraphim feiern sie jubelnd im Chore. Mit ihnen laß, so flehen wir, auch uns einstimmen und voll Ehrfurcht bekennen: Heilig, Heilig, Heilig, Herr Gott der Heerscharen.