„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Nachdenken über Immobilien
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- 14. Mai 2022
Zugegeben, die Orte Frielendorf, Oberaula und Schrecksbach aus der Umgebung des oberhessischen Schwalmstadt, die uns bis gestern gänzlich unbekannt waren, sind nicht gerade der Nabel der Welt. Aber die drei Flecken mit zusammen etwa 13000 größtenteils nichtkatholischen Einwohnern haben eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit: In allen dreien stehen die früheren katholischen Pfarrkirchen zum Verkauf, die durch den zurückgehenden Gottesdienstbesuch und die folgenden Pfarreizusammenlegungen überflüssig geworden sind. Die drei Kirchen waren nach dem letzten Weltkrieg gebaut worden, als katholische Heimatvertriebene in die vorher rein evangelische Gegend kamen, und sind nicht wirklich Schmuckstücke der Sakralarchitektur. Aber zu zweien davon gehört auch ein Pfarrhaus, und das derzeit leerstehende in Frielendorf hat nicht nur über 400 m² Wohnfläche, sondern es ist auch als Kulturdenkmal geschützt. Soll heißen: Die Verwertungsmöglichkeiten der Doppelimmobilie, die in der Gegend ohnehin gering sein dürften, erscheinen empfindlich eingeschränkt.
Beim Blick auf Google-Earth wird nun ersichtlich, daß in einem Radius von 35 km um Schwalmstadt Orte wie Marburg, Bad Hersfeld, Alsfeld und Fritzlar liegen. Auch nicht gerade Brennpunkte des katholischen Lebens in Deutschland, aber Menschen-(und Katholiken-)leer ist die Gegend nun auch nicht. Selbst wenn, wie man befürchten muß, die Verkehrsverbindungen in der Region eher suboptimal sind, erscheint es nicht abwegig, sich vorzustellen, daß es in einer solchen Gegend genug Katholiken gibt, denen bei der Wort-Gottes-Feier der Gemeindereferentin etwas fehlt, die den Synodalen Irrweg nicht aus ganzem Herzen mitgehen und die sogar bereit wären, sonntägliche Mitfahrdienste zu organisieren, um sich und anderen den Besuch einer richtigen katholischen Messe zu ermöglichen. Wenn es nicht anders zu haben ist, auch in der überlieferten Liturgie.
Natürlich wissen wir nicht, ob gerade Schwalmstadt und Umgebung das geeignete Umfeld für für die Installation eines solchen „Pfarrverbundes der Tradition“ bieten können, doch darum geht es auch gar nicht.
Gehorsam in der Krise
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- 12. Mai 2022
Das neueste Buch von Peter Kwasniewski, im Februar in den USA unter dem Titel „True Obedience in the Church“ bei Sophia Press erschienen, liegt jetzt auch in deutscher Übersetzung vor: „Wahrer Gehorsam in der Kirche – Ein Leitfaden in schwerer Zeit“. Das Taschenbuch (116 Seiten, Preis 11,72 €) ist über die üblichen Bezugsquellen im Internet erhältlich. Und es bietet trotz des verhältnismäßig geringen Umfangs tatsächlich einen überaus hilfreichen Leitfaden zur Orientierung in der gegenwärtigen Kirchenkrise. Der Gebrauchswert des Buches wird noch einmal dadurch erhöht, daß die eigentliche Argumentation in einem Hauptteil von 64 Seiten leicht nachvollziehbar entwickelt wird, während Literaturhinweise und vertiefende Anmerkungen in einen 40-seitigen Anmerkungsteil am Schluß des Buches ausgelagert sind.
Unmittelbarer Anlaß zur Abfassung des Buches ist die Bedrohung, die von Traditionis Custodes für die Gemeinschaften und Gemeinden der überlieferten Liturgie ausgeht. Aber die allgemeine Kirchenkrise ist ja nicht allein eine Krise der Liturgie bzw. einer fehlgegangenen Liturgiereform. Sie ist eine Krise, die mit der modernistischen Umformung der Begriffe von Autorität und Gehorsam die gesamte Gestalt der Kirche, wie sie seit der Zeit der Apostel besteht, in Frage stellt. Dazu vorweg einige Überlegungen.
Der Gehorsam gegenüber Gott, dann aber auch gegenüber der von ihm eingesetzten Autorität, ist eine der großen Tugenden der Christen – solange die Autoritäten in Kirche und Gesellschaft sich dessen bewußt sind, daß sie nicht auf eigenem Recht und eigener Machtvollkommenheit beruhen, sondern diese Macht ihnen „von oben gegeben“ (Jesus vor Pilatus, Joh. 9,11) ist.
Liturgisches Überleben in Grauzonen
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- 10. Mai 2022
Zwischen den Blogs Caminante Wanderer (Argentinien) und MessaInLatino (Italien) findet derzeit eine durchaus freundschaftliche Diskussion über den Anteil von Papst Franziskus an den Aktivitäten gegen die überlieferte Liturgie statt. Der Wanderer vertritt dabei die Ansicht, das Franziskus an Liturgie prinzipiell desinteressiert sei, sich ausschließlich den Dingen widme, die sein neo-jesuitisches Denken für wichtig hält, und im übrigen den Stimmen folge, die am besten in sein aktuelles Machtkalkül passen. Dem wollen wir nicht widersprechen, zumal der Wanderer durchaus schwerwiegende Argumente zur Unterstützung seiner Ansicht anführen kann.
MessaInLatino hält dem entgegen, daß die bisherigen Aktionen des Pontifikats sehr wohl ein starkes Interesse des Papstes erkennen ließen, die überlieferte Liturgie aus dem Gottesdienst der Kirche zu vertreiben und daß die der Petrusbruderschaft gewährten Zugeständnisse allein den Zweck hätten, dort ein „Ghetto“ einzurichten und zu isolieren, das sich dann bei Gelegenheit umso leichter auslöschen lasse. Auch dem wollen und können wir nicht widersprechen, denn auch Messa in Latino kann schwerwiegende Argumente zur Unterstützung seiner Ansicht anführen.
Uns scheint, die beiden Versionen stehen nicht in direktem Widerspruch zueinander, sondern unterscheiden sich alleine im Grad der Einschätzung des persönlichen Engagements von Franziskus – und das ist unseres Erachtens doch eher ein Streit um des Papstes Bart, wenn man so sagen darf. Franziskus neigt dazu, gerade demjenigen Recht zu geben oder zumindest nicht zu widersprechen, der ihm gegenübersteht – und die Widersprüche, die daraus entstehen können, interessieren ihn nicht, solange sie seine Position nicht gefährden. Im Gegenteil: Wenn die Höflinge streiten, gewinnt der Herrscher umso mehr Spielraum, nach eigenen Plänen zu handeln – oder nach eigener Willkür, wie man bei Franziskus oft annehmen muß
Für die Parteien am päpstlichen Hof – und natürlich erscheinen auch die Verteidiger der überlieferten Lehre und Liturgie unter diesen Umständen als nicht mehr als eine Partei unter anderen – hat das zwiespältige Auswirkungen.
Priesterweihe beim Institut Bon Pasteur
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- 08. Mai 2022
Am Samstag den 7. Mai 2022 hat S.E. Gerhard Kardinal Müller im Seminar der Priestergemeinschaft vom Guten Hirten (Institut du Bon Pasteur) in Courtalain sieben Diakone und einen Priester geweiht. (Quelle). In seiner Predigt, die im vollen Wortlaut in deutscher Sprache auf Kath.net wiedergegeben ist, übte der Kardinal und ehemalige Präfekt der Glaubenskongregatuion scharfe Kritik an dem Vorhaben des deutschen Synodalen Weges, Grundwahrheiten des Glaubens, darunter auch die Lehre und das Verständnis des sakramentalen Priestertums, nach den Vorstellungen zeitgeist-trunkener Theologen und Funktionäre kirchlicher Apparate zu revidieren. Wir bringen Ausschnitte und verweisen für den vollen Wortlaut auf Kath.net, der nicht weniger darstellt als eine kraftvolle zusammenfassende Darstellung der katholischen Lehre vom Priestertum contra haereses.
Beim deutschen Synodalen Weg wurde die Existenz des Weihesakramentes in der katholischen Kirche zur Disposition gestellt. Dahinter steht die Meinung, eine beliebige Anzahl von Laien und Bischöfen könnten über die apostolische Lehre und Verfassung der katholischen Kirche entscheiden nach dem eigenen Gutdünken und dem Beifall der Mehrheit. Es gebe nicht die einmalige Offenbarung Gottes in Jesus Christus und ihre definitive Erkenntnis gemäß der Lehre der Apostel. Im Sinne der modernistischen Hermeneutik wird nur eine allgemeines Gefühl für die Transzendenz vorausgesetzt. Selbst das Person-Sein Gottes und damit ein tatsächliches Sprechen zu seinem auserwählten Volk sei nur eine von beliebig vielen menschlichen Vorstellung vom unerkennbaren Absoluten. Die Dogmen der Kirche gelten diesen agnostischen Relativisten darum nur als wandelbare und zeitbedingte Objektivationen des unbestimmten religiösen Grundgefühls. (...)
Wer kann noch Zweifel haben an der Stiftung eines apostolischen Dienstamtes, in dem die von Christus selbst berufenen Jünger teilhaben an seiner messianischen Sendung und Weihe ... Dieses eine Amt der berufenen Apostel Jesu Christi hat sich urkirchlich ausgefaltet in die Stufen des Bischofs, der Presbyter und der Diakone. Übertragen wird es durch die sakramentale Handauflegung und das Weihegebet. (...)
Weil sich in der Eucharistie die sakramentale Vergegenwärtigung des einmaligen Kreuzesopfers Christi vollzieht, ist in ihrer liturgische Feier der Bischof der Hirte der Herde Gottes, der im Namen des Hohenpriesters Christus die Gaben der Kirche darbringt, worin die Gläubigen in die Hingabe Christi an den Vater einbezogen werden. So hatte es schon Hippolyt in seiner Traditio Apostolica zu Beginn des 3. Jahrhunderts ausdrücklich formuliert (...)
Meine lieben Kandidaten für die Diakonen- und Priesterweihe!
Ihr seht also, dass die heiligen Weihen, die ihr heute durch die Hände des Bischofs als Nachfolger der Apostel empfangen werdet, auf einem festen christologischen Grund ruhen und in seiner sakramentalen Kirche verankert sind. Sie sind durch die Heilige Schrift und die Apostolische Tradition und durch die Autorität des kirchlichen Lehramtes gedeckt. Eure Erwählung, Berufung, Sendung und Autorisierung als Priester Christi wie auch als Hirten und Lehrer seiner Kirche geht persönlich auf Christus zurück.
Wir haben großen Grund zur Dankbarkeit gegenüber Kardinal Müller, der nun bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres einen Priester im und für den überlieferten Ritus geweiht hat. Und auf gewisse Weise sind wir auch den Protagonisten des Synodalen Weges dankbar, daß sie durch ihre unverholene Propagierung des Schismas zur Klärung der Fronten beigetragen haben, so daß Bischöfe wie Kardinal Müller oder auch Bischof Meier von Augsburg das ihnen Mögliche dazu beitragen, die von vielen Seiten angegriffene traditionelle Lehre und Liturgie der Kirche lebendig zu halten.
Der Verlust der Sequenzen
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- 06. Mai 2022
Als Kitik an der Liturgiereform nach Trient wird von traditioneller Seite häufig angeführt, daß diese Reform den reichen Sequenzenschatz der römischen Liturgie „abgeschafft“ habe. Irgendwie ist diese Ansicht zum nicht weiter hinterfragten Gemeingut geworden. Bei Wikipedia wird sie unter dem Stichwort „Choral“ ohne weiteren Beleg angeführt, und wir haben uns hier zweimal dazu hinreißen lassen, sogar von einem „Sequenzensturm“ zu sprechen, den die Reform Pius’ V. vermeintlich entfacht hätten.
Gregory Dipippo von NewLiturgicalMovement hat dieses „Wiejederweiß“ nun doch einmal hinterfragt und dabei festgestellt: Es stimmt nicht – wenigstens nicht so. Dazu hat er sich die Vorläufer des von Pius V. promulgierten Missales sowie zahlreiche andere Missale der Zeit vor Trient genauer angeschaut und dabei zweierlei festgestellt: Die regionalen oder von Orden gebrauchten Messbücher „vor Trient“ enthalten in der Tat eine große Zahl sehr unterschiedlicher Sequenzen, die von großer spiritueller Tiefe bis zu billiger Polemik gegen (kirchen)politische Gegner zeugen. Aber das bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgbare Missale der römischen Kurie, das von den Wissenschaftlern Pius’ V. als Vorbild betrachtet und daher mit wenigen Änderungen und Ergänzungen übernommen worden war, hatte niemals mehr als die bekannten vier Sequenzen zu Ostern, Pfingsten, Fronleichnam und dem Requiem. Dementsprechend kennt auch das Missale von Pius V. nur vier Sequenzen, später durch das Stabat Mater zum Fest der Sieben Schmerzen Mariens auf fünf erweitert. Von einer „Abschaffung“ von Sequenzen ist nirgendwo die Rede - zumindest nicht durch Pius V. und seine Reform des Missales.
Noch mehr zur Konzelebration
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- 05. Mai 2022
Peter Kwasniewski hat in einem langen Artikel auf OnePeterFive auf meinen – von ihm in englischer Übersetzung auf Rorate Caeli veröffentlichten – Artikel zur Konzelebration bei der Chrisammesse geantwortet und dabei mehrere Punkte durchaus kritisch beleuchtet. Er führt dazu zunächst historische und liturgische Argumente an, die ich einerseits sehr ernst nehme, andererseits aber weitgehend durch Verweis auf die hier referierte Veröffentlichung Uwe Michael Langs von 2017 als relativiert betrachte. Nach Lang gab es in der Zeit zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert auch in der lateinischen Welt eine Konzelebration – wohl nicht ohne ältere Vorbilder. Sie wurde hauptsächlich am päpstlichen Hof in Rom praktiziert, von da ausstrahlend aber auch in anderen Regionen, in denen der Ortsordinarius zu besonderen Gelegenheiten, darunter auch am Gründonnerstag, mit seinem Presbyterium konzelebrierte. Wie diese Konzelebration im konkreten Fall ihren liturgischen Ausdruck fand und ob es sich in jedem Fall um eine dem Wesen nach sakramentale Konzelebration handelte, ist schwer zu eruieren.
Von dieser bereits im 13. Jahrhundert praktisch ausgestorbenen Form der Konzelebration unterscheide ich im Anschluss an Lang, aber wohl noch schärfer als dieser, die mit Sacrosanctum Concilium eingeführte „neue Konzelebration“, deren Ritus erstmalig 1965 – also noch vor der Einführung des Novus Ordo – promulgiert wurde. Die „neue Konzelebration“ bemüht sich um Anschluß an ihren hochmittelalterlichen Vorläufer, verfehlt dieses Ziel jedoch in einem ganz wesentlichen Punkt: Sie löst die gemeinsame Messfeier aus dem Zusammenhang Ordinarius (Bischof oder Abt) mit „seinem“ Presbyterat und öffnet sie zu einer Kollektivmesse einer beliebigen Gruppe von Priestern. Unter dem Schlagwort einer „Versinnbildlichung der Einheit des Priestertums“ wurde diese Abirrung in den folgenden Jahren noch weiter vorangetrieben, bis der gegenwärtige Zustand erreicht wurde, in dem die Konzelebration aller gerade anwesenden Geweihten vielerorts als Normal- und Idealzustand gilt, während die Einzelmesse abgelehnt wird.