„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
Themen und Meldungen:
Eine Präfation für die 'Gesimas
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- 03. Februar 2021
Im vergangenen Jahr hat die für die Belange der überlieferten Liturgie zuständige Glaubenskongregation mit zwei Erlassen den Heiligenkalender für die traditionelle Form erweitert und die Verwendung einiger neuer Präfationen zugelassen. Wir haben konkret dazu bereits im letzten März (zum Heiligenkalender) und im April (zu den Präfationen) Stellung genommen. Frühere Artikel zum Thema Neue Präfationen finden Sie hier und hier. Fr. Hunwicke hat den Sonntag Septuagesima zum Anlaß genommen, daran zu erinnern, daß die ursprünglichen Plände der Glaubenskongregation auch die Neu/Wiederaufnahme einer Präfation zu den Sonntagen der Vorfastenzeit vorsahen - die dann jedoch aus nachvollziehbaren Gründen unterblieb. Fr. Hunwicke befaßt sich mit diesen Gründen und stellt anschließend einige Überlegungen zur (vermuteten) sprachlichen Urform dieser Präfation und ihrer veränderten Aufnahme in das Messbuch des Novus Ordo an. Er schließt seine Ausführungen mit einigen höchst bededenkenswerten Gedanken zur sprachlichen Prägnanz der ältesten lateinischen Messgebete und zu der im konkreten Fall vorliegenden tiefen Verwurzelung in der ganzen Heilsgeschichte von Altem und Neuem Testament. Wir haben die auf Fr. Hunwicke's Mutual Enrichment an zwei Tagen hintereinander erschienenden Texte zusammengefasst und übersetzt.
(1. Teil) Ungefähr vor einem Jahr ist die Gottesdienstkongregation tätig geworden. Interessierte Leser werden wissen, daß dieses Dikasterium die Aufgaben der guten alten Heiligen Ritenkongregation hinsichtlich der authentischen Form des römischen Ritus übernommen hat. Und besonders erfreulich: Ihre Tätigkeit hat einen Liturgisten namens Grillo in Wut versetzt. Er ist nämlich der Ansicht, daß es falsch wäre, noch irgendetwas hinsichtlich der authentischen Form zu unternehmen, da sie doch bereits unwiederruflich in der Vergangenheit erstarrt sei. Woher wissen wir, daß sie so erstarrt ist? Nun, weil sie sich nicht verändert hat – ein schönes Beispiel für eine Argumentation im Kreis.
Die Änderungen durch die Gottesdienstkongregation (die alle lediglich Wahlmöglichkeiten eröffnen) bezogen sich auf die Präfationen und in einem eigenen Dekret auf das Kalendarium. Die Einführung weiterer Präfationen war bereits von Benedikt XVI. in Summorum Pontificum vorgeschlagen worden. Und tatsächlich waren einige weitere (gallikanische) Präfationen aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts mit einer Sondererlaubnis bei der Piusbruderschaft und anderswo schon seit langem in Gebrauch.
Aus der Zeit gefallen?
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- 01. Februar 2021
Wie aus der Zeit gefallen mag der 1. Februar in diesem Jahr den Gläubigen erscheinen, die ihr Leben an der überlieferten Liturgie der Kirche ausrichten: Mit dem Sonntag Septuagesima begann gestern die Vorfastenzeit, der äußere Vorhof des Osterfestkreises, dessen inneren Vorhof die Fastenzeit und dessen Heiligtum die Woche des Triduums und der Ostertag bildet. Doch erst morgen endet traditionell mit dem Fest der Reinigung Mariens die Weihnachtszeit: 40 Tage nach der Geburt eines Sohnes war die jüdische Mutter nach dem Gesetz Moses zu einem Reinigunsopfer verpflichtet, und selbstverständlich hat auch Maria die Gottesgebärerin dieses Gesetz eingehalten. Dieser 40. Tag ist in der Kirche des Westens seit der Festlegung des Weihnachtstages auf den 25. Dezember des Sonnenkalenders unverrückbar der 2. Februar. Das Datum von Septuagesima dagegen, der 9. Sonntag vor Ostern, schwankt mit dem Ostertermin, der an den Vollmond gebunden ist. Und wenn Ostern früh ist – das ist alle drei bis fünf Jahre der Fall, zum letzten Mal 2018 – beginnt nach dieser Logik der österliche noch vor dem Ende des weihnachtlichen Festkreises.
Das ist nicht die einzige Unschärfe, die sich mit dem heutigen Montag nach Septuagesima verbindet. Septuagesima – das wäre eigentlich der 70. Tag vor Ostern, aber da Ostern eine Sache des Sonntags ist und man in der Antike den symbolischen Wert von Zahlen mindestens so hoch veranschlagte wie den numerischen, sind die Sonntage der Vorfastenzeit nur annäherungsweise durchgezählt: Schon nach 7 Tagen folgt auf den „Siebzigsten“ der Sonntag „60 Tage vor Ostern (Sexagesima)“, und diesem nach weiteren 7 Tagen der Sonntag „50 Tage vor Ostern (Quinquagesima)“. Und überhaupt sind es ja nur 63 Tage, die hier großzügig als „70“ angesprochen werden, wohl um der Jahre vor der Erlösung Israels aus dem babylonischen Exil zu gedenken.
Im sakralen Raum gehen Uhren und Kalender anders als in der profanen Welt. Das ist der modernen Welt schwer vermittelbar und war wohl eines der Motive dafür, daß die Liturgiereform die ganze Vorfastenzeit und damit auch die anstößige Zählung ihrer Sonntage einfach „abschaffte“ und durch eine staubtrockene Zählung „im Jahreskreis“ ersetzte. So ist der Sonntag Septuagesima wenn auch vielleicht nicht aus der Zeit, doch aus dem römischen Meßbuch in seiner verstümmelten Form gefallen. Wer will, mag darin einen wichtigen Etappensieg des säkularen Geistes über den sich jeder Rechenmaschine entziehenden Geist des Säkularismus sehen. Der nächste Schritt wäre dann die Aufgabe des immer wieder auf Unverständnis stoßenden schwankenden Osterdatums. Endlich ein Kalender nach den Bedürfnissen von Handel und Industrie!
Natürlich hängt der christliche Glaube nicht von jeder Einzelheit der aus der Geschichte überkommenen Weltbilder und ihrer symbolischen Deutung ab, wie sie uns am Vorfastensonntag Septuagesima und dessen Überschneidung mit der Weihnachtszeit entgegentreten. Aber er hängt sehr wohl daran, daß die Christen ihre Wahrnehmungsfähigkeit nicht in opportunistischer Anpassungsbereitschaft auf das beschränken, was einer säkularistisch amputierten Rationalität einsichtig ist.
Von Amazonien lernen!
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- 15. Januar 2021
Eine Erzählung aus der Zeit der Konquistadoren – also der Erforschung und Eroberung Südamerikas im 16. und 17. Jahrhundert – berichtet über eine denkwürdige Begebenheit auf einem dieser Erkundungszüge. Sie hat sich freilich nicht wirklich in Amazonien zugetragen - das haben wir nur als Eyecatcher in die Überschrift genommen, und im Zeichen der Pachama ist sowieso alles egal. Tatsächlicher Schauplatz unserer Geschichte ist das den ganzen Kontinent durchziehenden Gebirge der Anden, dessen Durchquerung den Eroberern größte Schwierigkeiten bereitete. Nicht zuletzt wegen der indianischen Lastenträger und Maultiertreiber, die sie unterwegs mit Versprechungen oder Zwang in ihren Dienst gelockt hatten und die von den Konquistadoren nun in europäischem Marschtempo vorangetrieben wurden. Doch je weiter die Indios von ihrer angestammten Heimat wegkamen, desto widerwilliger wurden ihre Schritte – und eines Morgens waren sie auch nicht mehr mit der Peitsche dazu zu bewegen, den Weg fortzusetzen. Die Erklärungen, die ihnen der Dolmetscher sicher nicht ohne Verständigungsschwierigkeiten entrang, lief darauf hinaus: Sie hätten nun tage- und wochenlang schneller marschieren müssen, als ihre Seelen ihnen hätten folgen können, und wenn sie auch nur einen Schritt weitergingen, würden die letzten Fäden der Verbindung reißen, und sie müßten sterben.
Selbst wenn die Geschichte nur erfunden wäre, so wäre sie doch gut erfunden. Sie gibt ein bestürzendes Bild von der heutigen Situation des „Fußvolkes“ in Gesellschaft und Kirche, das von den Eliten als „deplorables“ verachtet und gnadenlos auf den Wegen vorangetrieben wird, den ihr „erleuchtetes“ Bewußtsein für die einzig richtigen erkannt zu haben glaubt. Vorangetrieben, bis auch die letzten Fäden der Verbindung zu ihren Seelen zerreißen, alle Identitäten sich in Beliebigkeit auflösen und der Wahnsinn freie Bahn hat.
Summorum Pontificum ist in der glücklichen Lage derer, die sich den Peitschenschwingern zumindest zeitweise entziehen und warten können, bis die Seele sie eingeholt hat – oder es ihnen gelungen ist, zu ihr zurückzukehren. Wir bleiben einfach für ein paar Tage störrisch sitzen, und wenn die Antreiber noch so schreien und die Illusionisten uns noch so viel einnebeln und vorspiegeln: Hier ist für den Rest des Monats Sendepause, höchstens aufgelockert durch ein paar aktuelle Hinweise in der Randspalte.
Guten Tag, Frau Akolyth*in!
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- 12. Januar 2021
Aktualisiert
Rorate Caeli bringt unter der dramatischen Überschrift Ein Erdbeben - Franziskus läßt Frauen zu den früheren niederen Weihen von Lektor und Akolyth zu - den Text der entsprechenden Anordnung (in Englisch) und schließt mit zwei kommentierenden Sätzen, die wir uns weitgehend zu eigen machen können:
Es geht hier offensichtlich um eine politische und nicht eine theologische Entscheidung. die darauf beruht, daß die höheren Weihen von Diakon und Priester Frauen weiterhin versagt bleiben. Da Franziskus und seine Helfer mehrfach erklärt haben, das Diakonat nicht für Frauen zu öffnen, haben sie nun mit diese Veränderung des Kanonischen Rechts und der Apostolischen Tradition eine Art Trostpreis vergeben.
Andererseits wissen wir aus der Geschichte des Protestantismus, daß hier nur ein erster Schritt getan wurde, dessen Schwerkraftwirkung nicht gering anzusetzen ist. Die Bewegung, die Franziskus zum Papst gemacht hat, wollte einen Papst der unumkehrbare Entscheidungen trifft - das ist eine davon, und sie sät größte Verwirrung im Herzen der apostolischen Tradition und des hierarchischen Lebens der Kirche.“
Im übrigen verweisen wir zur Einschätzung der Bedeutung der von Paul VI. „abgeschafften“ niederen Weihen bzw. ihrer Fortdauer in den Gemeinschaften der Tradition auf unseren Beitrag Zum Stellenwert der niederen Weihen vom 4. Dezember vergangenen Jahres.
Aktualisierung:
In einer ersten Kommentierung weist Peter Kwasniewski auf LifesiteNews darauf hin, daß die Neuregelung ein für die Praxis an einigen Orten relevantes Problem aufwirft: Nach der geltenden Rechtslage können Priester auch im NO nicht verpflichtet werden, Messdienerinnen einzusetzen. Da das geltende Recht jedoch auch vorsieht, daß beauftragte Akolythen und Lektoren da, wo sie zur Verfügung stehen, bevorzugt einzusetzen sind, entsteht hier eine widersprüchliche Rechtslage. Sie bietet Bischöfen und Gemeinden, die es darauf anlegen, möglicherweise einen Hebel, die „Gleichberechtigung im Altarraum“ auch gegen den Willen von Zelebranten durchzusetzen.
Die rechtliche Neuregelung - deren Bedeutung wir im Übrigen nach wie vor nicht überschätzen wollen - ordnet sich in jeder Hinsicht ein in die Maßnahmen dieses Pontifikats, die die Verbindung zur Tradition der Kirche schwächen und ihre Affinität zum Zeitgeist stärken.
Schönheit und Stärke der Liturgie
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- 11. Januar 2021
Vielleicht kommt es ja von dem „Dienst“ im Wort Gottesdienst, vielleicht auch von dem zentralen Gedanken des Opfers, daß der Aspekt der Schönheit der Liturgie in unseren Gottesdiensten allzuoft an den Rand geschoben oder ganz verdrängt wird. Und das nicht nur im Novus Ordo, dessen mißverstandene „edle Schlichtheit“ viel zur Säkularisierung der Kirche und ihres geistigen Lebens beigetragen hat. Auch in Gemeinden der Tradition steht die Betonung der Schönheit der Liturgie gelegentlich unter dem Verdacht, Ausdruck überkommener Prachtentfaltung fürstbischöflicher Zeiten zu sein, der nicht mehr in die Gegenwart passt.
Zur Abwehr solcher Tendenzen kann die Tradition sich zumindest auf das seit 1500 Jahren gebrauchte Kanongebet „Unde et memores“ stützen, das in drei Begriffen beschreibt, worum es bei der Messfeier der Diener, aber auch des heiligen Volkes Gottes geht: Um das Gedächtnis des heilbringenden Leidens, der Auferstehung von den Toten und der glorreichen Himmelfahrt Christi, der nun auf ewig zur Rechten des Vaters sitzt und im Glanz des himmlischen Jerusalem die Hochzeitsfeier mit seiner Kirche begeht. Einen Abglanz dieser Feier hat der Seher der Apokalypse eindrucksvoll beschrieben, und Künstler wie die Brüder van Eyck haben in ihrem Genter Altarbild versucht, einen Abglanz dieses Abglanzes wiederzugeben. Wer glaubt, dem Wesen dieser Feier mit der geschäftigen Nüchternheit einer Gemeindeversammlung, in einer aufgegebenen Fabrikhalle oder im nachempfundenen Elend einer Favela am besten gerecht werden zu können, hat einige wichtige Dinge nicht verstanden.
Auch ein Begriff von der überlieferten Liturgie, der diese am liebsten auf die „stille Messe“ reduzieren wollte, hätte Wesentliches nicht verstanden.
Abschied vom Novus Ordo
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- 09. Januar 2021
In der Diözese Florenz, einst eine Perle in der Krone italienischer Bischofssitze und geistliche Heimat von über 800 000 getauften Katholiken, wird in diesem Jahr kein einziger junger Mann in das Priesterseminar eintreten. Für Florenz mag das ein Novum sein – in Deutschland gibt es Diözesen, die schon seit Jahren keinen eigenen Neupriester hervorgebracht haben. Die episkopale Nomenklatura – in Deutschland ebenso wie in Italien – gibt sich wenig beeindruckt: Großpfarreien als administrative „Lösung“ und „Wortgottes-Feiern“ zur gottesdienstlichen Grundversorgung gelten als geeignete Mittel, die „Betreuung“ der Gemeinden sicherzustellen. Letztere haben den großen Vorteil, daß sie auch jetzt schon von Frauen geleitet werden können, solange die uneinsichtigen alten weißen Männer in Rom den Frauen ihr Recht auf Zugang zu allen kirchlichen Ämtern verweigern.Bis dahin muß man sich halt mit Zwischenformen begnügen wie jenem denkwürdigen Weihnachtsgottesdienst der Pfarreiengemeinschaft Retztal im Bistum Würzberg, bei dem Domkapitular Albin Kraemer das (selbsgeschriebene) Hochgebet aus dem Ringhefter im Wechsel mit einer Pastoralreferentin in einer Weise vortrug, die sich nur in kaum erkennbaren Details von der Weise unterschied, in der Priester sich bei der Konzelebration im Vortrag des Hochgebets abwechseln. Vielen Bischöfen sind derlei Rechtsverstöße – so ist aus ihrer regelmäßigen Nichtreaktion auf solche Vorfälle zu schließen – entweder egal, oder sie begrüßen sie sogar. Ausführlichere Informationen zu Reztal bringen kath.net und kathTube.
Geweihte Priester, so die wortlos vorgetragene und dennoch unüberhörbare Botschaft, braucht man nicht wirklich, ja, sie sind wegen der anscheinend dem männlichen Geschlecht unheilbar innewohnenden Toxizität – so die unterschwellige Botschaft der „Mißbrauchsaufarbeitung“ nach Art des Synodalen Weges – künftig kaum noch geeignet, Gemeinden zu leiten. Wir müssen uns neu orientieren, den Frauen endlich den ihnen zustehenden Platz einräumenn. Kein Wunder, daß immer weniger junge Männer es auf sich nehmen, ihrer Berufung zu folgen und bei der Priesterweihe einem Bischof Gehorsam zu loben, der in vielen Fällen selbst dem Kirchenrecht und der Kirchenlehre des Gehorsam verweigert. Das große Florenz und das kleine Retztal sind überall.