„Lex orandi - lex credendi“ - Nach Prosper von Aquitanien († 455) formulierter Kernsatz zur gegenseitigen Abhängigkeit von Glaube und Liturgie.
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Mensch - Maschine - Medien
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- 20. Juli 2017
Die „Option Benedikt“ - VI
Nach einer wegen der aktuellen Themen und Termine eingetretenen Unterbrechung geht es nun weiter mit der Vorstellung von Rod Drehers „Option Benedikt“.
Eines der wichtigsten Kapitel des Buches ist zweifellos das 10. „Man and the Machine“, in dem der Autor sich mit den Auswirkungen der modernen Technologie auf unser geistiges Leben auseinandersetzt. Genauer gesagt: Darüber nachdenkt, wie die allgegenwärtige geistige Korruption der Moderne uns dazu treibt, die – in der Theorie – wertneutralen Potenzen der Technik in unheilvoller und destruktiver Weise einzusetzen. Und dabei redet er nicht von Klimawandel, Umweltschäden oder Waffenexporten, sondern zum einen von den modernen Reproduktionstechniken, die dem Machbarkeitswahn vom Menschen als dem Schöpfer seiner selbst enormen Auftrieb gegeben haben. Vor allem aber von der modernen Kommunikationstechnik, beispielhaft konzentriert im Smartphone, die uns vorgaukelt, die ganze Welt zu jeder Zeit für uns verfügbar und genießbar zu machen – während sie in Wirklichkeit doch ständig darauf hinwirkt, uns zu ihren und des Zeitgeistes Anhängseln zu degradieren. So zusammengefasst klingt das nach wenig aufregendem kulturkritischen Gemeinplatz, doch Dreher hat mehr zu bieten.
Das beginnt bei seinem Hinweis auf Forschungsergebnisse der Neurophysiologie, die darauf hindeuten, daß der überbordende Mediengebrauch nicht nur Verhaltensänderungen im Sinne von Konzentrationsschwäche und Sprunghaftigkeit bewirken, sondern daß diese Veränderungen im Lauf überraschend kurzer Zeit auch im Gehirn quasi „hardwaremäßig“ fest verdrahtet werden, so daß es großer Anstrengungen bedarf, mit einer früher für selbstverständlich gehaltenen Ernsthaftigkeit eigene Ziele zu bestimmen und zu verfolgen. Und noch größerer Anstrengung, diese Verdrahtung wieder rückgängig zu machen. Diese Technologie ist mehr als eine Technik, sie „ist eine Ideologie, die bestimmt, wie wir Menschen die Realität wahrnehmen.“ (219) Und weiter in einer Aussage, in der das Wort „Liturgie“ eine ungewohnte, aber nicht aus der Luft gegriffene Färbung annimmt: Der Gebrauch der Technik bedeutet die Teilnahme an einer kulturellen Liturgie, die, wenn wir uns nicht vorsehen, darin einübt, die den zentralen Anspruch der Modernität als Wahrheit zu akzeptieren: Daß der einzige Sinn, den die Welt hat, der ist, den wir ihr in unserer endlosen Suche nach Beherrschung der Natur beilegen. (219)
Näher, oh mein Gott, zu Dir
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- 18. Juli 2017
Der Gedanke, über Liturgie zu sprechen, erscheint in diesen Tagen und Wochen immer mehr wie der (nur als Gerücht überlieferte) Versuch der Stewarts auf der Titanic, die Deckstühle auf dem Oberdeck ordentlich aufzustellen, als das Wasser schon die unteren Decks überspülte. Nur, daß heute niemand mehr eine Bordkapelle hört, die „Nearer, my God to Thee“ spielt – was freilich auch nur ein Gerücht ist.
Kein Gerücht hingegen ist es, daß die unglaubliche Attacke des Jesuiten-Zentralorgans Civiltà Cattolica auf die konservativen Christen in den Vereinigten Staaten, die dann in popularisierter Form auch noch von Osservatore Romano übernommen wurde, in Nordamerika beträchtliche Unruhe auszulösen beginnt. Wo das enden wird, ist derzeit noch nicht absehbar, aber Stellungnahmen wie die von Robert Royal auf The Catholic Thing, Maureen Mullarkey auf Rorate Caeli einerseits und die Jubelrufe aus dem linkskatholischen Lager wie von Michael Sean Winters im National Catholic Reporter lassen vermuten, daß diese Spaltung kaum noch zu heilen ist. Ende letzten Jahrfes kolportierte die Internationale Presse als (angebliche) Aussage von Papst Franziskus „Nicht ausgeschlossen, dass ich als derjenige in die Geschichte eingehen werde, der die katholische Kirche gespalten hat.“ Das könnte früher eintreten, als damals absehbar.
Erst vorgestern haben wir quasi als „Stimmungsindikator" auf die Leserzuschriften zum Nachruf Benedikts auf Kardinal Meisner auf der amerikanischen Website „OnePeterFive“ hingewisen. Sie zeigen, wie tief die Verwirrung und der Schmerz unter vielen Katholiken über die unverständlichen Worte und Gesten aus Rom gehen. Heute können und müssen wir ein ähnliches Beispiel aus dem deutschen Sprachraum anführen: Das in Österreich stationierte, aber im ganzen deutschen Sprachraum viel gelesene Portal „kath.net“ sah sich gestern veranlaßt, zwei Artikel zur Unterstützung des Kurses der Bergoglio-Fraktion zu veröffentlichen. Unter der Überschrift „Schönborn greift ‘Dubia-Kardinäle‘ an“ wiederholte der Wiener Kardinal die offenkundige Unwahrheit, daß es keinerlei Zweifel über den glaubenstreuen Inhalt der in den Dubia problematisierten Passagen von Amoris laetitia geben könne. Gleichzeitig blies der Theologe Bernhard Meuser – bekannt geworden als einer der Autoren und Initiatoren des YOUCAT-Projektes – unter der Überschrift „Der ‚unsägliche‘ Papst“ zu einer pauschalen Attacke gegen alle Kritiker der Unklarheiten des gegenwärtigen Pontifikats.
Mit Fakten gegen Fakes
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- 17. Juli 2017
Mathew P. Hazell, dem wir unter Anderem bereits die überaus informative Gegenüberstellung der für die liturgischen Lesungen ausgewählten Schriftstellen im alten und im neuen Ritus verdanken, hat einen weiteren Informationsschatz erschlossen: Den Großteil der Akten, die bei den vielfältigen Arbeiten zur Vorbereitung des II. vatikanischen Konzil in der Zeit nach der Ankündigung des Konzils 1959 bis zu seiner Eröffnung 1962 angefallen sind. Diese Akten waren zwar schon früher in Druckausgaben veröffentlicht worden - aber naturgemäß nur in kleiner Auflage, und sie sind bis heute nur in wenigen Bibliotheken verfügbar. Inzwischen hat Hazell sie zum größten Teil digitalisiert, so daß sie als PDFs hervorragender Qualität kostenlos über das Internet heruntergeladen werden können. Hazell gibt auf New Liturgical Movement einen groben, aber dennoch bei der Informationsfülle überaus hilfreichen Überblick über den Inhalt der 13 bis jetzt verfügbaren Bände, so daß Interessenten jetzt leichter erfahren können, wo sie mit der Suche nach bestimmten Themenbereichen ansetzen müssen. Die Akten sind selbstverständlich alle in Latein verfaßt - gute Kenntnisse dieser Sprache im allgemeinen sowie der Besonderheiten des Kurialstils sind daher unerläßlich.
Da Hazell 2015 und 2016 bereits auch die Verhandlungen der 1. und der 2. Konzilssession in vergleichbarer Qualität digital zugänglich gemacht hat, steht interessierten Wissenschaftlern jetzt ein großer Teil der Konzilsdokumente in authentischer Form zur Verfügung. Um zu erforschen, was Papst und Bischöfe mit dem Konzil erreichen wollten und wie sie ihre Ziele diskutierten, sind seriöse Historiker jetzt immer weniger auf die stets subjektiven Aufzeichnungen einzelner Teilehmer oder die teilweise extrem einseitig den Bruch mit der Tradition betonenden Darstellungen aus der Schule von Bologna angewiesen.
Benedikts Abschied von Meisner
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- 16. Juli 2017
Die Abschiedsworte, die der ehemalige Papst Benedikt seinem Freund und Weggefährten Joachim Kardinal Meisner zu dessen gestriger Beisetzung gewidmet hat, haben großes Aufsehen ausgelöst. Einige finden darin einen Hinweis auf die Motive, die ihn selbst zum historisch so unerhörten Schritt der Amtniederlegung bewogen haben. Anderen fiel insbesondere sein Hinweis auf die hl. Eucharistie auf, die auch als Stellungnahme zur aktuellen Debatte um die Zulassung „Wiederverheirateter Geschiedener“ zum Kommunionempfang gelesen werden kann. Den erpropten Fake-News-Produzenten von katholisch.de war das so wenig geheuer, daß sie nicht nur die entsprechenden Passagen in ihrer Zusammenfassung unberücksichtigt ließen - sie sparten sich auch jedes Link auf den vollen Text, der auf der Website des Erzbistums Köln als als PDF abgerufen werden kann. Hier daher zunächst das, was bei den Bischöfen ganz unter den Tisch fiel, als Zitat:
Wir wissen, dass es ihm, dem leidenschaftlichen Hirten und Seelsorger, schwerfiel, sein Amt zu lassen und dies gerade in einer Zeit, in der die Kirche besonders dringend überzeugender Hirten bedarf, die der Diktatur des Zeitgeistes widerstehen und ganz entschieden aus dem Glauben leben und denken. Aber um so mehr hat es mich bewegt, dass er in dieser letzten Periode seines Lebens loszulassen gelernt hat und immer mehr aus der tiefen Gewissheit lebte, dass der Herr seine Kirche nicht verlässt, auch wenn manchmal das Boot schon fast zum Kentern vollgeschlagen ist.“
Und im Zusammenhang mit den eindrucksvollen Stunden der Eucharistischen Anbetung beim Kölner Weldjugendtag:
Einige [Experten] waren wohl auch der Meinung, eucharistische Anbetung sei als solche überholt, da ja der Herr im eucharistischen Brot empfangen und nicht angeschaut werden wolle. Aber dass man dieses Brot nicht essen kann wie irgendwelche Nahrungsmittel und dass den Herrn im eucharistischen Sakrament zu „empfangen“ alle Dimensionen unserer Existenz einfordert – dass Empfangen Anbeten sein muss, ist inzwischen doch wieder sehr deutlich geworden.“
Dann zusätzlich zum erneuten Link auf den vollständigen Text ein Hinweis zu der überaus interessanten Diskussion, die dieses Abschiedswort bei Katholiken ausgelöst, die sich durch die Abdankung Benedikts und im aktuellen Pontifikat jener Hirten beraubt sehen, die der Diktatur des Zeitgeistes Widerstand leisten. Mehr noch als der Kommentar der Redaktion zeigen die Leserzuschriften auf OnePeterFive die große innere Not, der sich viele Katholiken ausgesetzt sehen, seit der Nachfolger Benedikts durch Zurückweisung äußerer Zeichen - wie z.B. von Monzetta und Stola - aber auch Verweigerung entschiedener Wegweisung - „wer bin ich, zu urteilen“ - fortgesetzt und zunehmend Zweifel daran nährt, sein Amt auszufüllen.
So bleibt nur das Gebet zunächst um das Vertrauen darauf, „dass der Herr seine Kirche nicht verlässt, auch wenn manchmal das Boot schon fast zum Kentern vollgeschlagen ist.“ Und das Gebet um die Gnade der Umkehr für diejenigen, die so entsetzliches Ärgernis geben.
Die Folgen des Bruches
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- 15. Juli 2017
Die deutsche Bischofskonferenz veröffentlicht auf ihrer Website eine Statistik der Priesterweihen in den deutschen Diözesen der Jahre 1962 – 2015. Das dort nur als Tabelle gebotene Zahlenwerk ist ziemlich unanschaulich. Wir haben es um die Zahlen für 2016 und 2017 ergänzt (nach katholisch.de) und die Ergebnisse in einem Diagramm visualisiert. Das Ergebnis ist niederschmetternd und bedarf keines weiteren Kommentars. Immerhin erklärt es deutlicher als jedes Pastoralgeschwurbel, warum einstmals bedeutende Bistümer wie Trier in ihren „Zukunftskonzepten“ die Zahl der Pfarreien von über 900 auf 35 reduzieren. Die letzten noch lebenden Priester der Weihejahrgänge aus der Zeit vor dem Konzil sind über 80 Jahre alt. Die bereits nur noch halb so starke Zahl der Angehörigen des „Zwischenhochs“ von 1982 bis 1992 geht auch schon auf die 60 zu und zeigt deutliche Ausfallerscheinungen – nicht nur gesundheitlich. Danach kommt nur noch wenig, bisheriger Tiefstand war 2015 mit 58 geweihten Diözesanpriestern für ganz Deutschland – 10% des Weihejahrgangs 1962 (557).
Diese Zahl von 2015 entspricht ziemlich genau der Zahl der Priester, die weltweit im laufenden Jahr in den Gemeinschaften des überlieferten Ritus geweiht worden sind: Pius 23, Petrus 19, Christus König 6 und Bon Pasteur 5 - macht 53.
Man kann diesen Vergleich als Ausdruck eines unguten Konkurrenzdenkens ablehnen, unter Hinweis darauf, daß Deutschland schließlich nicht die Welt sei, zurückweisen, oder durch Herausrechnen der Priester der FSSPX relativieren. Damit entgeht man jedoch nicht der Feststellung, daß es bei diesen jungen Gemeinschaften offensichtlich einen Gegentrend zu der nicht nur in Deutschland vorherrschenden Tendenz zur Selbstabschaffung gibt. Und dem schließt sich in jedem Fall die Frage an, wieso die römische Kirche sich – von einer überschaubaren Zahl lokaler Ausnahmen abgesehen – so entschieden weigert, das hier sichtbare Potential zu nutzen.
Seit über 50 Jahren sehen sich die Propagandisten des „Neuen Frühlings“ Jahr für Jahr durch die Tatsachen widerlegt. Trotzdem bleiben sie wider alle Vernunft bei ihrer Linie, die sie mit zunehmendem Absolutheitsanspruch bekräftigen: Heilmittel für morgen soll noch mehr von dem sein, was schon gestern nichts geholfen hat. Anscheinend sehen die Modernisten den von Ihnen nach 1965 eingeleiteten und in Worten stets geleugneten, in Taten aber immer stärker vollzogenen Bruch mit der Vergangenheit der Kirche als so tiefgehend an, daß er ihnen unüberwindbar erscheint.
„Summorum Pontificum“ vor dem Ende?
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- 14. Juli 2017
Die früher katholische, heute mehr dem „Eine-Welt-Kult“ folgende französische Publikation „LaCroix“ hat zum Jahrestag von Summorum-Pontificum einen Artikel veröffentlicht, in dem sie darüber spekuliert, der Papst erwäge die Abschaffung der darin getroffenen Regelungen zur Freigabe der überlieferten Liturgie. Daß LaCroix sich das wünscht, und daß dieser Wunsch von starken Kräften im Weltepiskopat und auch im Umfeld von Franziskus geteilt wird, steht außer Zweifel. Entsprechende Gerüchte kursieren in Rom schon seit längerem – bisher waren sie jedoch stets mit der Einschränkung verbunden, ein derartiger Schritt sei erst mit dem Ableben von Franziskus‘ Vorgänger Benedikt zu erwarten, weil Franziskus das offene Abrücken von Benedikt scheue. Zumal Liturgisches eher am Rande seiner Interessen steht.
Die neue Version des Gerüchtes verbindet nun diesen angeblich geplanten Schritt mit der – ebenfalls noch im Gerüchtestadium stehenden – Wiedereingliederung der Piusbruderschaft. Diese Wiedereingliederung soll, wie es weitgehend glaubwürdig heißt, im Rahmen der Errichtung einer Personalprälatur erfolgen – und diese Personalprälatur werde – da beginnt das neueste Gerücht – in Zukunft als einzige Einrichtung der Kirche berechtigt sein, die Liturgie nach den Büchern von 1962 zu feiern. Die bisher im Rahmen von Ecclesia Dei operierenden voll mit Rom verbundenen Gemeinschaften des alten Ritus müssten sich dieser Prälatur anschließen – oder sich zumindest bereit erklären, auch Pfarrseelsorge im Novus Ordo zu übernehmen. Dabei sollen sie an die am jeweiligen Einsatzort geltenden Gebräuche gebunden sein, Handkommunion und Messdienerinnen inklusive.
Von dieser Stelle an werden die ohnehin reichlich wolkigen Gerüchte noch nebulöser. Das betrifft sowohl das künftige Schicksal der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften als auch die Rechtstellung des katholischen Klerus insgesamt. Nach „Summorum Pontificum“ haben sämtliche Priester der lateinischen Kirche das Recht, auf eigenen Wunsch oder auf Verlangen von Gläubigen und ohne weitere Erlaubnis gemäß der überlieferten Liturgie zu zelebrieren, da diese ein wertvoller Bestandteil des Erbes der ganzen Kirche darstellt. In einigen Varianten des Gerücht heißt es nun, diese Rechtslage solle gänzlich revidiert werden. Die Praktizierung der alten Liturgie führe zu Spaltungen in den Gemeinden und müsse deshalb für den allgemeinen Bereich der Kirche tatsächlich verboten werden. Nach anderen Überlegungen sollen Priester in Sonderfällen, in denen das „aus pastoralen Gründen“ geboten erscheint, mit einer besonderen bischöflichen Beauftragung oder Erlaubnis die alte Liturgie in der vom Ortsbischof angeordneten Form feiern dürfen.