Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“
Antwort: „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben.“
Frage Nr. 1 aus dem „Grünen Schulkatechismus“ von 1955
Themen und Meldungen:
Noch einmal: der Ritus von Lyon
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- 28. September 2020
Am Fest des hl. Irenaeus, Stadtpatron von Lyon, hat die Niederlassung der Petrusbruderschaft in diesem ältesten Bistum auf französischem Boden am 6. September erneut ein feierliches Hochamt im spätmittelalterlichen Usus Lugdunensis zelebriert. Von früheren Zelebrationen hatten wir bereits im Juli berichtet. Die von der erneuten Zelebratione veröffentlichten Bilder geben noch mehr als die vom Juli einen Eindruck von der Feierlichkeit und auch von der Andersartigkeit dieses Usus. (S. dazu auch unseren Beitrag „Kleine Zeitreise in Lyon“ von 2018) Wobei die „Andersartigkeit“ sich auch in diesem Fall auf Unterschiede in einigen äußeren Abläufen, in der Gewandung der Priester und auch bei Texten einzelner Gebete oder Melodien der gregorianischen Gesänge beschränkt. Der Canon Romanus als das Herzstück der römischen Liturgie bleibt von alledem unberührt.
Nun könnte man einwenden, die Anhänger der überlieferten Liturgie und die Verteidiger der traditionellen Lehre insgesamt hätten in der derzeitigen Kirchenkrise andere Sorgen als die Wiederbelebung einer seit gut 200 Jahren praktisch weitgehend außer Gebrauch gekommenen Form der lateinischen Liturgie. So plausibel das klingt – so zu argumentieren könnte etwas zu kurz greifen.
Ein oft gehörtes Argument gegen die überlieferte Liturgie ist ihre angebliche Strenge und Uniformität. Streng in ihrem Verständnis von Gottesdienst ist sie – uniform ist sie nicht bzw. war sie nie. Der lebendige Blick auf ihre frühere Vielfalt könnte nicht nur helfen, dieses Vorurteil zu zerstreuen. Er könnte auch dazu beitragen, die Spielräume sichtbar zu machen, in denen Abweichungen in der Vergangenheit möglich und Weiterentwicklungen entsprechend konkreten Anforderungen in Zukunft denkbar wären.
Ein zweiter wichtiger Aspekt liegt in der Wiederentdeckung des Gottesdienstes bzw. seiner äußeren Formen als Mittel der Selbstvergewisserung, um nicht zu sagen „Identitätsfindung“ lokaler Gemeinden. Das Bedürfnis nach solcher Selbstvergewisserung scheint, betrachtet man die Formen und Unförmigkeiten der von „Liturgieausschüssen“ von Pfarreien und Vereinen „gestalteten“ Liturgien, enorm zu sein. Auch hier könnte der Rückgriff auf lokale Formen, die ja oft mit bestimmten Wegen und Plätzen zu bestimmten Heiligengedächtnissen verbunden waren, unschädliche Spielräume eröffnen. Auch hier kann nur das helfend und befruchtend wirken, was man kennt.
So bleibt nur zu heffen, daß die Lyoner Bemühungen um den alten Usus auch dann weitergehen werden, wenn der spiritus rector dieser Anstrengungen, P. Brice Messonier FSP, demnächst Lyon verläßt, um seine neue Aufgabe als Pfarrer der römischen Ritusgemeinde Santissima Trinità dei Pellegrini zu übernehmen.
Quatembersamstag im Herbst
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- 26. September 2020
Der Ordo Missae ist am heutigen Samstag der Herbst-Quatember zwar nicht in seiner Grundordnung gestört, aber doch in seinem Ablauf deutlich modifiziert. Mit insgesamt sieben Lesungen, die teilweise auch noch durch spezielle Orationen und ein altertümliches „Orate genua – levate“ voneinander abgesetzt sind, nimmt dieser Tag eine Sonderstellung ein. Seine Lesungen bieten ein Programm von seltener Geschlossenheit. Ihr Gegenstand sind die Feste und Feiern des Volkes Gottes – von den Anfängen im Alten Bund bis in die Gegenwart der Apostel. Nur einmal scheint dieser Sinnzusammenhang verlassen zu werden, wenn in Übereinstimmung mit der Funktion des Tages als Weihetag in der 5. Lesung vor der Weihe der Subdiakone der Bericht des Propheten Daniel (33; 47-56) von den „Drei Jünglingen im Feuerofen“ und der zugehörige Hymnus vorgetragen wird.
Allerdings ist auch hier ein Zusammenhang mit dem Generalthema feststellbar. Einmal, weil dieser wohl noch in die Zeit vor Daniel zurückreichende Hymnus – genauer gesagt ist es eine Litanei – ein bewegendes Zeugnis für das Gotteslob in Israel und dessen Aufnahme und Weiterführung in der christlichen Gemeinde ist. Dabei wird die Weiterführung nicht nur dadurch betont, daß die Litanei – ähnlich wie bei den Psalmen – mit der trinitarischen Doxologie „Ehre sei dem Vater...“ ausklingt. Anschließend folgt auch noch einmal ausdrücklich die Anrufung: „Gepriesen bist Du, Herr, Gott unserer Väter“, die den Eintritt der christlichen Gemeinde in die Nachfolge des Volkes Israel bekräftigt. Zum anderen, weil spätestens in der Epistel aus dem Hebräerbrief und im Evangelium deutlich wird, daß der Gottesdienst der Kirche in der sakramentalen Vollendung des Messopfers den Gottesdienst des Tempels nicht nur weiterführt, sondern auch übersteigt.
Doch zurück zu den Lesungen über die Feste und Feiern. Die erste Lesung aus 3. Mose 23 (Levitikus mit den Vorschriften für den Gottesdienst und die Priester) berichtet von der Einsetzung des Versöhnungstages (Jom Kippur) auf den 10 Tag des 7. Monats, der heute dem September entspricht. Dieser Tag war als Sühnetag mit Fasten und feierlichen Opfern angeordnet, und das war sehr ernst gemeint: wer sich der Einhaltung dieses Gebotes entzog, wird vom Herrn selbst mit Tod und Ausrottung bedroht.
Zorn und Strafe Gottes
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- 24. September 2020
Mittwoch, Freitag und Samstag dieser Woche sind die Tage der Herbstquatember, über die wir in den vergangenen Jahren schon mehrfach geschrieben hatten. Zu den historischen Ursprüngen im Erntedank und zur Besonderheit der Liturgie dieser Tage zuletzt 2018; zu ihrem Charakter als Tage des Gebets und der Buße im vergangenen Jahr. Der Verlauf des gegenwärtigen Jahres, das wie nie in der Geschichte zuvor von einer weltweit verbreiteten Seuche geprägt ist, gibt Anlaß dazu, dem Gedanken des Gebets, der Besinnung und der Buße etwas tiefer nachzugehen.
Als im März und April erste Meldungen über das aus China gekommene Virus und seine Schrecken verbreitenden Wirkungen durch Europa gingen, wurden Stimmen, die darin eine „Strafe Gottes“ sehen wollten, durch einen Chor der Empörten schnell zum Schweigen gebracht: Mit so einem Gottesbild solle man uns in den Zeiten moderner Naturwissenschaft bitte nicht kommen. Selbst im kirchlichen Bereich war man eher bereit, die Epidemie als Vergeltung von Mutter Erde für die grobe Behandlung durch den Menschen und sein Wirtschaften anzusehen, als über eine Strafe Gottes auch nur nachzudenken. Strafe, gar Zorn Gottes – so vorkonziliar. Drohbotschaft statt Frohbotschaft – das haben wir doch wirklich hinter uns gelassen.
Nun ist es mit dem strafenden Gott keine einfache Sache.
Weihen beim Institut Christus König
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- 23. September 2020
Die Aktivitäten des Instituts Christus König und Hohepriester bleiben für uns meistens ein wenig unter dem Radar – erstens, weil es in Deutschland bisher nur einen größeren Stützpunkt im etwas abgelegenen Kloster Maria Engelport im Hunsrück etablieren konnte und zweitens, weil die im Institut gepflegte Spiritualität sich teilweise in Formen manifestiert, die vielen Mitteleuropäern des 21. Jahrhunderts etwas fremd erscheinen. Das soll keine abwertende Kritik sein: Die Kirche hat über ein Jahrtausend lang viele zum Teil sehr unterschiedliche Spiritualitäten zugelassen und gefördert und kam nie auf den Gedanken, sie habe nur Platz entweder für die geistigen Söhne und Töchter des hl. Franziskus oder die des hl. Ignatius – obwohl man manchmal wünschen möchte, sie würde einige Söhne des letzteren mindestens ebenso weit von sich weisen wie die Erben des finster-despotischen Johannes Calvin. Zu diesem jedenfalls bilden die Leute vom ICKSP oder wie auch immer man das abkürzen soll einen Gegensatz, wie man ihn sich katholischer nicht wünschen kann.
Und weil das so ist, kann das erst 1990 gegründete und 2008 kanonisch als Gesellschaft apostolischen Lebens päpstlichen Rechts errichtete Institut auch eine überaus erfreuliche personelle Entwicklung vorweisen. Gegenwärtig gehören ihm etwa 120 Priester an, während sich an die hundert Seminaristen auf die Priesterweihe vorbereiten. Das Bild oben zeigt in der Mitte Cardinal Burke und Weihbischof Schneider in Begleitung der Leitung des Instituts und umgeben von 16 Diakonen und Subdiakonen, die am 14. September von Kardinal Raimond Burke in der Kirche SS. Michele e Gaetano in Florenz die entsprechende Weihe erhalten hatten. Einen Tag zuvor hatte Bischof Schneider im Seminar von Gricigliano einer gleich großen Zahl von Seminaristen die ihrem Ausbildungsstand und Weg zum Priestertum entsprechenden niederen Weihestufen erteilt.
Das Bild und zwei weitere und die wesentlichen Informationen zu den Weihefeierlichkeiten in fanden wir auf Riposte-catholique vom 16. September.
Die Hohenpriester des Alten und Neuen Bundes
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- 21. September 2020
Schon seit einigen Tagen liegt die wegen der Umstellung in der Schriftleitung ohnehin verspätet erschienene Ausgabe 2020/2 der UVK hier auf dem Schreibtisch und – was für gelegentliche Bezieher interessanter ist – auch zur Bestellung beim Verlag.
Im Zentrum der Ausgabe stehen zwei Beiträge von erheblicher Bedeutung für unser liturgisches Verständnis: Von Uwe C. Lay über die unterschiedlichen Wege der Herausbildung des jüdischen Synagogal-Gottesdienstes und des hl. Messopfers der Kirche, die schließlich zur Herausbildung von zwei – trotz der gemeinsamen Teile des Alten Testamentes – sehr unterschiedlichen Religionen geführt hat. Dann „Gedanken“ von Heinz Lothar Barth über die zur Verwendung in der überlieferten Liturgie neu zugelassenen Präfationen aus dem Messbuch Pauls VI.
Lay lenkt den Blick darauf, daß die heutige jüdische Religion nicht bruchlose das Erbe des im Alten Testament offenbarten Glaubens Israels antritt, sondern eine unter dem Eindruck der Zerstörung des Tempels – und wir ergänzen: Im Widerspruch gegen das sich herausbildende Christentum – entstandene in vielem durchaus neuartige Religion darstellt. Für das Judentum war mit der Katastrophe der Tempelzerstörung auch die Aufgabe des immerwährenden Opfers auf dem Zionsberg verbunden. Mit diesem Verlust vollzieht es gegenüber seiner eigenen Tradition sogar einen noch tiefer gehenden Bruch als das Christentum, das in seiner Liturgie neben dem transformierten Opfergedanken auch den Wortgottesdienst der synagogalen Tradition „beerbt“ hat. Zugrunde liegt dem die alles entscheidende Antwort auf die Frage, ob der seinem Volk verheißene Gesalbte und Erlöser, der Christos, bereits gekommen ist, oder nicht. Ohne Tempel kein Opfer, das ist schon richtig – aber mit Christus der ewige Hohepriester und sein immerwährendes Opfer.
In seinen Gedanken über die mit Quo magis neu bzw. allgemein zugelassenen Präfationen konzentriert sich Barth nicht auf philologische oder texthistorische Details – die sind in einiger Ausführlichkeit von Gregory di Pippo auf New Liturgical Movement behandelt - sondern arbeitet den theologischen Inhalt dieser auf sehr alte Überlieferungen zurückgehenden Texte heraus.
Original und Fälschung
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- 19. September 2020
Lesehinweise und Meldungen, die unser Kernthema eher am Rande berühren, finden normalerweise ihren Platz in der Randspalte. In dieser Woche sind uns jedoch vier Texte begegnet, die unmittelbar das Zentrum unserer Existenz als Vertreter der Tradition der Kirche in der einen unteilbaren Kirche Christi berühren: Was bedeutet das für die Einheit, wenn große Teile von Klerus und Episkopat, ja vielleicht sogar der Papst selbst, sich in einer Weise von dieser Tradition abwenden, die die Einheit der Kirche in Deutschland oder der Kirche des 21. Jahrhunderts mit der apostolischen Kirche aller Zeiten gefährdet oder aufbricht?
In Form eines Briefwechsels gibt Peter Kwasniewski einem Fragesteller den Rat: „Wenn der Papst ein Häretiker ist, müssen wir an dem festhalten, was sicher ist“. Allem, was Kwasniewski hier schreibt, können wir zustimmen. Unsere einzige Kritik gilt der Formulierung des Titels: Wenn der Papst ein Häretiker ist.. Das „ist“ könnte jemanden zu der Vorstellung verleiten, er selbst oder irgendein Vertreter der Tradition oder eine Versammlung von Bischöfen könne befinden, daß der Papst ein Häretiker sei. Das ist jedoch nicht so einfach. Die Lehrer und Gesetzgeber der Kirche schließen zwar nicht aus, daß ein Papst Häretiker sein könne – aber sie geben keine Hinweise für das in dem Fall eines solchen Verdachtes einzuschlagende Vorgehen. Soviel jedoch kann sicher sein: Weder ein einzelner der Tradition verpflichteter Autor noch eine ganze glaubenstreue Gemeinschaft noch eine Gruppe von Bischöfen kann einen dahingehenden Beschluss fassen. Der Bischof von Rom, dessen Wahl von der ganzen Kirche anerkannt worden ist, ist der Papst. Alles weitere liegt in der Hand Dessen, dem die Kirche gehört.
Der Satz müßte also lauten: „Wenn wir vermuten oder befürchten, daß der Papst ein Häretiker ist, müssen wir an dem festhalten, was sicher ist.“ Und sicher ist, was die Kirche immer und überall gelehrt und bis in die Gegenwart auch stets als Lehre bekräftigt hat. Was damit nicht übereinstimmt, kann – nicht unbedingt muß – häretisch sein und ist auf jeden Fall extrem unsicher. Wer sich dann an das hält, was sicher ist, kaum nicht fehlgehen.